#NAKED Ausstellung in der blauenFABRIK

Am vergangenen Freitag eröffnete bei parablau die diesjährige Gemeinschafts-Akt-Ausstellung von PORTRAITS, dem FOTOFORUM und STR(i)K(i)NG in den Ausstellungsräumen der Blauen Fabrik (Eisenbahnstr.1, 01097 DD). Erneut durfte ich die Gesamtkonzeption übernehmen und somit auch den Spagat zwischen den 5 (+6) verschiedenen Positionen aushalten, was wieder viel Freude bereitete. Wie im vergangenen Jahr werden im Projektraum Arbeiten von Künstlerinnen aus dem PORTRAITS Wettbewerb gezeigt. Unter dem Hashtag NAKED kommen hier zwei Serien zur Ausstellung, deren Aktfotos nicht als Ziel sondern als Resultat einer Beschäftigung mit der Thematik Körperlichkeit entstanden, wie Martin Morgenstern ausführte. Charlotte Ernst schreibt über Ihr Projekt:

Der Weg des Qhapac Ñan (Mexiko 2019) kann als tiefgreifende ethnografische Studie verstanden werden, die die rituellen Heilprozesse der New Age Generation mit dem Peyote-Kaktus erforscht. Das Projekt entstand im Kontext einer dreimonatigen Pilgerfahrt durch die  Wirikuta Wüste im Nordwesten Mexikos. Hier ist der psychoaktive Kaktus beheimatet, welcher seit Jahrtausenden vom Stamm der Wixárika-Indigenen als heilige Medizin konsumiert wird. Die Bilder – zum großen Teil weibliche Aktfotografien – zeigen sowohl Momente der Begegnung als auch Augenblicke der Abgeschiedenheit. Sie hinterfragen in teilhabender Beobachtung die vorherrschenden sozialen Konventionen und Anschauungen der westlichen Mainstream-Gesellschaft, die noch immer fruchtbaren Grund für Strukturen der Ungleichheit und Diskriminierung bieten. Durch die Verletzlichkeit des nackten menschlichen Körpers wird der Zwiespältigkeit persönlicher Erwartungen und sozialer Normen der Spiegel vorgehalten. Die Serie ist eine Hommage an die menschliche Würde, die die Schritte des langen, teilweise steinigen Weges der Selbst-Erkennung mit einem hoffnungsvollen Blick beleuchtet. Es ist ein Wegweiser, geboren aus einem fantastischen zwischenmenschlichen Experiment in Richtung der eigenen und der kollektiven, selbstbestimmten Identität.

Johanna Rübel wiederum lädt professionelle Kunst(hochschul)modelle zu Porträtaufnahmen zu sich in Studio:

 Series “Lifemodels”, 2014: After moving from London to Berlin in 2008 I decided to pick up life drawing which I had enjoyed while at college. I started going to a friday evening class. There is a tea break when everyone has a chat, but apart from that it’s a quiet affair. Everyone is concentrated and lost in their thoughts. This year I decided to ask my favourite life models to my studio to photograph them.
Im Lichthof sind die Arbeiten von regionalen Fotograf*innen zu sehen die sich dem Thema Aktfotografie von ganz unterschiedlichen Richtungen nähern. Die Positionen wurden von Mitgliedern des Fotoforums vorgestellt.
Birgit Ittershagen – Hammer präsentierte die Arbeiten von Kirsten Mann:

 

Heute Abend habe ich das große Vergnügen, ich Ihnen zwei Fotografen mit ausgewählten fotografischen Arbeiten vorstellen zu können. Bei meinen Gesprächen mit beiden habe ich viele Gemeinsamkeiten festgestellt, obwohl beide Fotografen aus ganz unterschiedlichen Richtungen kommen. Das finde ich besonders spannend.

Die Fotografien

Die S/W-Fotografien von Kirsten Mann sind minimalistisch, sie spielt gekonnt mit dem Licht und Schatten und lässt Körper-Landschaften entstehen. Bei ihren Aktenaufnahmen geht es um Wertschätzung um „die Huldigung des menschlichen Körpers“ wie sie es ausdrückt. Dabei ist ihr Ästhetik und Schönheit besonders wichtig, sie möchte den Genuss des Nacktseins fotografisch einfangen. Sie arbeitet gern im Detail und setzt das Licht gezielt, um Formen und Figuren zu erschaffen. Für sie ist der menschliche Körper etwas Schützenswertes, was sie mit dem reduzierten Einsatz von Licht zum Ausdruck bringt. Deshalb arbeitet sie mit großer Vorliebe im Atelier, wo sie alle Möglichkeiten hat, mit Licht und Schatten zu spielen.

Bei den hier ausgestellten Fotografien geht Kirsten Mann noch ein ganzes Stück weiter. Während des Auswahlprozesses zu dieser Ausstellung wird ihr klar, dass sie den ganzen Prozess von der Aufnahme über die Entwicklung bis zur Hand-Vergrößerung in ihrer Hand haben möchte. Sie wollte von Anfang bis Ende analog arbeiten, deshalb wählte sie S/W-Negative aus, die sie im eigenen Labor vergrößert hat.

Sie sagt:“ Wenn ich Negative selbst vergrößere, haben die Fotos einen anderen Charakter eine andere Bedeutung für mich. Der Prozess der entwickelt sich, er ist lebendig, wenn ich ihn selbst in der Hand habe.“ Das kann ich ein sehr gut verstehen und ich glaube, diese Lebendigkeit in ihren Vergrößerungen auch zu erkennen.

Die Menschen, die Kirsten Mann fotografiert, sind Leute von der Straße, die zu ihr ins Atelier kommen. Für sie auch immer wieder eine besondere Herausforderung, die Balance zu finden zwischen ihren künstlerischen Anspruch und dem Wunsch des Kunden. Bei Aktaufnahmen bedeutet das für sie, ein noch sensiblerer Umgang mit den Menschen. Die Kunst – in kurzer Zeit, eine entspannte Atmosphäre zu schaffen, in der Fotograf und Model eine Beziehung aufbauen können. Und am Ende professionelle Ergebnisse entstehen, die ihrem künstlerischen Anspruch genügen und dem Wunsch des Models entsprechen. Eine große Kunst – finde ich.

Die Fotografin

Kirsten Mann, Jahrgang 1964 hatte bereits als Kind erste Kontakte mit der Fotografie, als sie ihrem Vater im Heimlabor beim Vergrößern über die Schulter schaute. Sie arbeitete in einer Fotografie-AG in der Schule, erste fotografische Erfolgserlebnisse feierte Kirsten mit ihrer ersten eigenen Kamera einer Penti. Wie die aussah, kann sie ihnen gleich selbst erzählen.

Es folgte eine Ausbildung zur Fotografin, aus in dieser Zeit kennen wir uns. 1991 schloss sie ihre Meister- Ausbildung ab. In den 90er-Jahren hat sie auf verschiedenen fotografischen Gebieten in einigen Fotoateliers in Dresden gearbeitet oder bevor sie 1998 ihr eigenes Fotoatelier „Lichtbild“ in der Dresdner Neustadt eröffnete. Schnell hatte sie sich einen Namen als Porträt- und Dokumentarfotografin aufgebaut, weil ihre Aufnahmen sehr lebendig – wie zufällige Schnappschüsse wirken. Das Authentische hat viele ihrer Kunden sofort angesprochen.

Neben ihrer Arbeit als Porträt-Fotografin, gab es in ihrem Atelier er auch eine Ladengalerie, in der sie wechselnde Ausstellungen mit interessanten Fotografen organisierte, ein Highlight war die Ausstellung des tschechischen Fotografen Jan Saudek – bekannt für seine S/W Aktaufnahmen.

Mit Aktfotografie beschäftigt sich Kirsten Mann seit Beginn der 2000er Jahre. Zu Beginn noch rein analog später natürlich auch digital wobei sie die Erleichterungen der digitalen Fotografie sehr schnell schätzen lernte, insbesondere keine zeitraubende Retusche mehr. In dieser Zeit waren die Leute sehr aufgeschlossen und die Aktfotografie sehr gefragt. Das hat sich in den letzten Jahren geändert und Kirsten ist der Meinung, dass Aktfotografie im privaten Bereich aktuell weniger gefragt ist. Stellt sich mir die Frage – warum eigentlich?

Kirsten lebt ihre Passion, lebendige und authentische Aufnahmen von Menschen für Menschen zu kreieren, die diese intensive, schöpferische Arbeit wertschätzen können. Kommen Sie mit ihr ins Gespräch.

und Matthias Naumann:

Gitarren und andere Zupf-Instrumente hingen an der Wand, ein überbordendes Bücherregal fiel mir auf als ich Matthias Naumann kürzlich besuchte. Erst mein zweiter Blick fiel auf den Schreibtisch mit zwei großen Bildschirmen, die vermuten ließen, dass hier nicht nur ein Musiker, sondern auch ein Fotograf zu Hause ist. Ein privilegierter Fotograf, der nicht von seiner Arbeit leben muss, gute Voraussetzungen also für künstlerisch anspruchsvolle Fotografie.

Die Fotografien

Gleich zu Beginn unseres Gesprächs meint Matthias: „Das was ich mache, ist eigentlich keine Aktfotografie. Bei mir steht die Geschichte im Vordergrund. Ich baue den Körper in die Bildkompositionen ein, ich möchte ihn in Beziehung setzen.“ Der nackte Körper ist unmittelbarer, für ihn die natürlichste Daseinsweise.

Die Fotografien, die Matthias Naumann für diese Ausstellung ausgewählt hat, erzählen eigene Geschichten, denen das gleiche Thema zugrunde liegt.
Dezent eingesetzte Gegenstände, Spiegel oder Schatten unterstützen seine Bildsprache genauso wie der sinnliche Text das Thema der Geschichten bereichert. Mehr möchte ich dazu nicht verraten, tauchen sie einfach selbst in seine Bildkompositionen ein.

Seine Aufnahmen entstehen digital, entscheidend ist für ihn das Bildergebnis und nicht, wie er dahin gekommen ist. Nur selten arbeitete er noch analog, wenn im Mittelformat, dann greift er zu seiner Rolleiflex, aktuell ist die analoge Fotografie für ihn eher Liebhaberei.

Seine Modelle kennt er meist schon länger, ihm ist es wichtig, dass vor dem Fotografieren eine Beziehung da ist, er will vor den Aufnahmen ins Gespräch kommen. Seine Fotografien sind keine Auftragswerke, er schätzt die Freiheit, sich ganz auf seine künstlerische Ausdrucksweise konzentrieren zu können. Seine Bilder entstehen häufig in der Natur oder in der natürlichen Umgebung der Modelle und ab und zu nutzt er auch das Atelier für seine fotografischen Arbeiten. Natürlichkeit ist ihm wichtig, sowohl bei der Auswahl seiner Modelle, die sich ganz natürlich zeigen wollen, als auch beim Licht, das nie im Vordergrund steht, sondern nur ergänzend wirkt. Seine Arrangements dienen als Untermalung der zu erzählenden Geschichte.

Der Fotograf

Matthias Naumann, Jahrgang 1957, verheiratet, Kinder, Enkel… lebt in Dresden und arbeitet als Sozialpädagoge. Er fotografiert auf seinen Reisen durch Europa, Nordafrika, Nepal und Nord-und Südamerika. Die eingefangenen Eindrücke zeigte er in verschiedenen Reiselichtbilder-Vorträgen. Sein Interesse an der Fotografie hat er beim Paddeln auf Marokko entdeckt. Seit dem Jahr 2000 beschäftigte er sich ernsthaft mit der Fotografie. Seine erste Kamera war eine Canon SLR, mit der er hauptsächlich Farb- Diafilme belichtete, die er zu Reiseberichten verarbeitete.

Etwas später, als die Qualität der Digital-Fotografie gut genug war, wechselte er von analog auf digital, um den Prozess besser beeinflussen zu können. Noch etwas später erweiterte er sein fotografisches Profil und wendete sich intensiv der Porträt- und Aktfotografie zu. Ihn interessieren die möglichen und unmöglichen Geschichten hinter den Gesichtern. Veröffentlicht wurden seine Bilder in verschiedenen Personal- und Gemeinschaftsausstellungen sowie in Büchern und Zeitschriften.

Beide von mir vorgestellten Fotografen freuen sich, dass es noch Orte wie die Blaue Fabrik in Dresden gibt, die sich bewusst dem Thema Aktfotografie widmet und Fotografen die Möglichkeit gibt, ihre Aufnahmen ausstellen zu können.

Ich durfte die Arbeiten von Steffen Drache präsentieren, der sich seit vielen Jahren kontinuierlich mit ästhetischer Aktfotografie auf hohem technischen Niveau beschäftigt. Die sechs Arbeiten in dieser Ausstellung sind in den letzten beiden Jahren auf Reisen oder on location entstanden. Die digital aufgenommenen Arbeiten wurden nur sehr behutsam nachbearbeitet so das Diese nie ihren natürlichen, fast naturalistischen Eindruck verlieren. Einem Trend zur Slow Photography folgend arbeitet Steffen derzeit verstärkt mit einer 4×5 Plattenkamera, um weiter zur Essenz des Mediums vorzudringen.

Matthias Naumanns Credo: Ein Bild gehört an die Wand war meine Vorlage bei der Präsentation der vierten Wand des Lichthofs. Hier versammeln sich in einer Installation auf elektronischen Bilderahmen sechs Positionen aus dem Internetportal STRKNG, deren Schöpfer als Herkunft Sachsen und als Thema Nude angegeben haben. Die Präsentationsform greift viele Aspekte unserer typischen Bildrezeption auf. Brilliante selbstleuchtende Bilder, die auf kleinformatigen Bildschirmen durch wischen gewechselt werden und für uns nicht mehr wahrzunehmen sind wenn die Stromversorgung abbricht … lasst Euch inspirieren, besucht die Ausstellung bis zum 22.05. (Mi & Fr 15-18 Uhr) und kommt zum fotografischen Salon #NAKED am 20.03. 19 Uhr um den Diskurs zu vertiefen.

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