Vernissagerede 36×36 im Luxuskunstkaufhaus

Fotografie und Se(x)chs

Als Fotograf der sich mit dem Sujet des Aktes beschäftigt wird man immer mal wieder gefragt, ob Fotografie mit Sex zu tun hat … und da sage ich: ja die Sechs… spielt eine vielfältige Rolle angefangen vom Sechseck, welches den idealen Kristall bildet und somit Grundform eines jeden Pixels auf dem digitalen Aufnahmesensor ist

… aber Sie sind ja sicher wegen Analogfotograf hier und da sind wir beim Namen des am heutigen Abend zentralen Films Polaroid 600 (was nicht nur 6 x100 sondern auch die Empfindlichkeit des Films in ISO ist). Doch dazu später mehr!

Die ersten eleganten Polaroid Kameras hatten zwei große Nachteile: der vergleichsweise hohe Preis und der niedrige ISO-Wert von nur 160. Das führte 1981 zur Einführung des 600er Films, und damit einer neuen Sofortbildkamerageneration. Der 600er Film hat das ikonische quadratische Bildformat übernommen (79 x 79 mm sichtbares Bild ohne Rand), was größer ist als das 6×6 cm Negativformat welches wir von klassischen Rollei und Pentacon Six Modellen kennen
… und schon sind wir bei der Quadratzahl von 6, die 36 ist und damit der Anzahl der heute fotografierten Bilder entspricht. Diese wiederum ergibt sich aus der typischen Konfektion eines Kleinbildfilms, der Basis für die anderen drei heute gezeigten Projekte bildet. Zwei sehen Sie bereits an der Wand Prager Str. 07/12/20 12:00-12:36 und Stahlbrode 23/08/20 08:00-08:36 dazu kommt nun noch die Diaserie Sicht 16/07/21 18:20-18:56 und LUXUSKUNST 22/09/21 19:54-20:30 auf Polaroid. Alle Serien entstehen also in 36 Minuten, sind unbearbeitete analoge Fotografien, wo der Film wirklich am Aufnahmeort gewesen ist und bei Dia und Pola sogar als UNIKAT … was Sie sehen gibt es nur im hier und jetzt. … irgendwie doch wie SEX. Bereits ein Jahr nach dem Erscheinen der Polaroid 600 gab es hierzu bereits Betrachtungen in soziologischen Fachzeitschriften z.B.:
Polaroid Sex: Deviant Possibilities in a Technological Age
Charles Edgley,Kenneth Kiser,


Da das neue hoch empfindliche Material in Kombination mit dem eingebauten Blitz Bilder in allen Situationen ermöglichte, die ohne Scham vor Fotogeschäft und Laboranten das Leben im hier und jetzt dokumentieren konnten … ist das Ergebnis klar… und wurde exzessiv genutzt! Bestes Beispiel ist:

Andy Warhol: Ladies & Gentleman, Sex Parts, Torsos, Polaroids

Here you will find over 400 Polaroids by Andy Warhol of street hustlers and call boys engaging in sexual acts and posing as drag queens. The pictures inspired paintings known as the Torso Series but, as Bob Colacello recounts, were known around the office as the Cocks, Cunts, and Assholes Series.

welches 2003 bei Walter König in Köln zum Listenpreis von 70$ verlegt wurde. Womit wir beim Luxuskunstkaufhaus sind, in dem wir heute zu Gast sind! Be smart buy art today … Denken Sie nach: Wer Andy Warhols Buch heute kaufen möchte, muss antiquarisch rund 200$ auf den Tisch legen! Damit komme ich zu meinem letzten Beispiel: Madonnas opulenter limitierter Fotoband SEX erschien 1992 und war ähnlich wie ein frischer Polaroidfilm oder auch ein Kondom in Zellophan eingeschweißt … ungeöffnete Exemplare werden nun 30 Jahre später auf Auktionen und im Netz für ca. 900$ gehandelt, während es geöffnet nur ein sechstel Kostet! Und da sind wir wieder: Kunst ist Luxus und immer auch irgendwie ein Versprechen eines knappen Guts …